Studie: Milliarden für Atomwaffen
Deutsche Banken müssen sich auf Verbot einstellen
Utrecht/Berlin. Deutsche Finanzinstitute haben 2016 erneut einen Milliardenbetrag in Atomwaffen-Hersteller investiert. Das ist das Ergebnis einer internationalen Studie, die heute von der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) und der niederländischen Friedensorganisation PAX in Utrecht vorgestellt wird. Demnach haben zehn deutsche Finanzdienstleister sei Januar 2013 den Atomwaffen-Produzenten rund 9,2 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Die betroffenen Unternehmen produzieren Atombomben, Atomsprengköpfe sowie Atomraketen und sind mit der Wartung dieser Systeme beauftragt.
Im internationalen Vergleich geraten die deutschen Banken damit ins Hintertreffen. Denn in Australien, Dänemark, Italien, den Niederlanden, Norwegen, Schweden und Großbritannien haben bereits 18 Investoren mit einem Gesamtvermögen von 1,7 Billionen Euro kategorisch alle Investitionen in Atomwaffen-Firmen ausgeschlossen. „Das zeigt, dass Atomwaffen-Investitionen eine Entscheidung und keine Notwendigkeit sind“, so die Projektleiterin Susi Snyder (PAX).
Die Institute, die das Geschäft mit der Bombe beenden, reagieren damit auf den internationalen Druck, Atomwaffen völkerrechtlich stärker zu ächten. Im Oktober hatte der erste Ausschuss der UN-Generalversammlung beschlossen, 2017 Verhandlungen über einen neuen Vertrag zum Verbot von Atomwaffen zu beginnen. Wie schon das Streumunitions-Abkommen könnte dieser Vertrag einen Artikel enthalten, der die finanzielle Unterstützung von Atomwaffenproduzenten unter Strafe stellt. Schließt sich die Bundesrepublik an, wäre die Atomwaffen-Finanzierung in Deutschland zu Ende.
„Diese Banken reden ständig von unternehmerischer Verantwortung. Wenn sie das ernst meinen, dann sollten sie sofort ihre Finger von Atomwaffen-Firmen lassen“, so Martin Hinrichs von ICAN Deutschland. „Es ist unverständlich, dass für Atomwaffen nicht mindestens so strenge Maßstäbe gelten wie für Streumunition. Diese Waffen sind direkt auf die Zivilbevölkerung gerichtet. Die internationalen Spannungen erhöhen die Gefahr eines neuen Hiroshimas. Jeder Beitrag zum atomaren Wettrüsten ist unverantwortlich.“
Das Thema “Atomwaffen-Finanzierung“ wurde im Februar 2016 von der Initiative Nachrichtenaufklärung zum wichtigsten vernachlässigten Nachrichtenthema des Jahres gewählt.
ZAHLEN UND FAKTEN
Spitzenreiter ist mit 4,8 Milliarden Euro die Deutsche Bank, gefolgt von der Allianz (1,6 Milliarden) und der Commerzbank (1,5 Milliarden).
Übersicht über die Investitionen seit Januar 2013
Finanzinstitut | Betrag in Millionen Euro |
Allianz | € 1.654 |
BayernLB | € 381 |
Commerzbank | € 1.542 |
Deka-Gruppe | € 271 |
Deutsche Bank | € 4.877 |
DZ Bank | € 62 |
Helaba | € 173 |
KfW | € 62 |
Landesbank Baden-Württemberg | € 62 |
Siemens Financial Services | € 154 |
Quelle: Don’t Bank on the Bomb, PAX, Dezember 2016.
Neue Finanzbeziehungen seit der Veröffentlichung der letzten Studie (November 2015)
Die Allianz hält weiterhin erhebliche Aktienanteile sowie Anleihen an 13 Atomwaffenproduzenten, mit einem gegenüber 2015 fast unveränderten Gesamtvolumen von 1,6 Milliarden Euro.
Die Bayerische Landesbank vergab vier neue Kredite an Boeing und Honeywell International.
Die Commerzbank vergab zwei neue Kredite an Boeing, einen neuen Kredit an Safran, und war an der Ausgabe neuer Anleihen von Boeing und Thales beteiligt.
Die Deka Group hielt weiterhin Aktien an der Airbus-Gruppe und Anleihen von Leonardo-Finmeccanica.
Die Deutsche Bank vergab neue Kredite an Bechtel, Boeing, Honeywell International, Northrop Grumman, Raytheon sowie Safran und war an der Ausgabe von Anleihen für die Airbus-Gruppe und Boeing beteiligt. Sie hielt Aktien an der Airbus-Gruppe, BAE Systems, BWX Technologies, Fluor, Moog und Raytheon sowie Anleihen an Aerojet Rocketdyne, General Dynamics, Moog, Northrop Grumman und Raytheon.
Die Kreditvergaben der übrigen Institute waren bereits von der letzten Studie im Oktober 2015 erfasst.
Weitere Informationen
Übersicht zu Investoren in Deutschland sowie zu den Herstellerfirmen (in englischer Sprache):
Kontakt: Xanthe Hall 0160-941 61 249, xanthe@ican.berlin